Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr: Eine Beratungsfirma (Versicherung) wollte, dass ich für sie eine Unternehmensbroschüre texte. Eine Broschüre also, die potenzielle Kunden anspricht, auf das Unternehmen aufmerksam macht und zeigt: Das können wir. Kurz: Mit dieser Broschüre soll WERBUNG gemacht werden.
Nun bin ich jemand, der selbst nicht viel von Superlativen hält. Dementsprechend liegt es mir auch fern, in meinen Texten zu schreiben, dass der Anbieter bzw. dessen Produkte die Besten, Schönsten und Geilsten sind.
Nun kamen wir zum Briefing zusammen: Der Auftraggeber, die Werbeagentur, die mich angefragt hatte und ich. Während wurde das Unternehmen vorgestellt und 3 wichtige Punkt als Alleinstellungsmerkmal, die das Unternehmen ausmachen, genannt:
Nun bin ich jemand, der selbst nicht viel von Superlativen hält. Dementsprechend liegt es mir auch fern, in meinen Texten zu schreiben, dass der Anbieter bzw. dessen Produkte die Besten, Schönsten und Geilsten sind.
Nun kamen wir zum Briefing zusammen: Der Auftraggeber, die Werbeagentur, die mich angefragt hatte und ich. Während wurde das Unternehmen vorgestellt und 3 wichtige Punkt als Alleinstellungsmerkmal, die das Unternehmen ausmachen, genannt:
- Die Firma verfügt über eine große Beratungskompetenz.
- Der Ansprechpartner in der Firma, der einen Kunden als erstes berät, bleibt auch für immer und ewig der persönliche und einzige Ansprechpartner des Kunden.
- Als mittelständisches Unternehmen kennt die Firma genau die Anforderungen und Bedürfnisse ihrer ebenfalls mittelständischen Unternehmenskunden.
Wohlgemerkt: Das habe ich mir nicht ausgedacht, das haben sie mir so beim Meeting gesagt! Und wenn man mir das sagt, dann setze ich das auch so um. Deswegen war ich ja zu diesem Briefingtermin da. Sonst hätte ich mir ja Zuhause auch einfach was ausdenken können.
Der Werbeagentur habe ich dann ein paar Tage später meinen Textvorschlag geschickt und die waren begeistert. Sie haben ihn dann dem Unternehmen vorgelegt und… die haben ihn komplett abgelehnt. Also nicht nur, dass sie einzelne Stellen nicht mochten, das ist ja normal, Korrekturschleifen sind ja immer dabei. Nein, er gefiel ihnen überhaupt nicht, also der krasse Gegensatz zu der Meinung der Werbeagentur, die sich die Reaktion auch nicht erklären konnte. Die Aussage des Kunden war: Der Text wäre zu werblich. Ein absolutes Totschlagargument, denn das kann ja alles bedeuten. Ein weitere Begründung kam nicht. Schließlich hat die Werbeagentur anhand meines Textmanuskripts einen neuen Vorschlag erarbeitet. Ob die Broschüre gedruckt wurde? Ja. Und zwar trotzdem teilweise mit Texten von mir, die sie dann doch "verwertet" haben. Schön ist sie aber nicht, sondern klingt jetzt eher wie ein Geschäftsbericht und nicht wie eine Imagebroschüre.
Wenn ein Kunde Kritik äußert, dazu hat er in jedem Fall das Recht und Korrekturschleifen sind das täglich Brot eines Texters, sollte er in der Lage sein, genau zu benennen, was ihn stört. Diese Pauschalablehnung "zu werblich" ist unverschämt, total diffus und hilft keinem der Beteiligten weiter. Außerdem war ja der Grund für den Auftrag, Werbung für das Unternehmen zu machen und keine wissenschaftliche Abhandlung über die Versicherungsbranche zu veröffentlichen. Das gibt so einem Text ja schon mal eine gewisse sprachliche Grundtonart.
Aber das ist tatsächlich ein Phänomen, das ich nicht nur bei mir, sondern auch in Werbeagenturen oder auch bei freiberuflichen Kollegen öfters schon beobachten konnte: Sobald der Kunde die (so abgesprochenen) Aussagen schwarz auf weiß vor sich sieht, kriegt er kalte Füße. Folgende Möglichkeiten können dahinter stecken:
- Wenn diese Aussagen so veröffentlicht werden, ist das Unternehmen seinen Kunden gegenüber in der Pflicht. Denn dann müssen diese Aussagen ja auch so eingehalten werden. Und plötzlich entstehen Zweifel: Können wir das überhaupt?
- Die, die das Briefing durchgeführt haben, sind gar nicht diejenigen, die das Sagen haben. Das heißt: Sie haben einen mit Informationen versorgt, die der Chef in der Form gar nicht veröffentlichen will. Das merken sie aber erst, wenn sie dem Chef den Text vorlegen und der sagt: Das können wir so nicht publik machen. (das habe ich wirklich schon oft erlebt)
Wolltet Ihr nicht Kunden gewinnen? Muss man dann dafür nicht Werbung machen? Wie gesagt, ich habe weder geschrieben "kaufen Sie dieses einmalige Produkt, es ist das beste auf dem Markt" noch "niemand anderes ist so gut" oder ähnlichen Quatsch. Ich habe schlicht und einfach die Alleinstellungsmerkmal dargelegt und vor allem BEGRÜNDET. Das heißt, alles war mit ordentlichen Argumenten versehen. Eben so, wie im Briefing aufgetragen.
Wer Kunden gewinnen will, muss Werbung machen. Wer also eine Broschüre in Auftrag geben will, der sollte sich im Vorfeld darüber Gedanken machen, was er kommunizieren will und fängt nicht erst damit an, wenn der erste Textvorschlag vorliegt. Es ist sehr einfach, etwas zu kritisieren, wenn man es vor sich sieht. das ist aber nicht der Sinn der Sache. Professionelle Auftraggeber sind vorbereitet und wissen genau, was sie haben wollen. Das reduziert die Korrekturschleifen erheblich, spart Geld und Ärger.
Das ganze ist jetzt schon 2 Jahre her. Aber ich musste das jetzt doch mal loswerden...