Seufzen, stöhnen, grunzen - so beginnt das Werk "Macle" von Julius Eastman. Und als ich schon dachte, ob das jetzt die angekündigt Dauer von einer halben Stunde so weiter geht, nahm das Stück erst richtig Fahrt auf und legte einige irre Wendungen hin. Irritationen, ob das, was die beiden Akteure da vorne machen, denn auch wirklich zum Stück gehört, inklusive. Aber genau das war dann auch das reizvolle an dem Abend: was ist Realität und was Illusion, was gespielt oder doch echt?
"Take Heart" war die zentrale Botschaft des Stücks, die immer wieder variiert wurde. Durchbrochen durch Pausen, Gelächter, Rennen durch den Raum und Storytelling. "One man tells a story" steht als Anweisung in den Noten. Und so gab Michael Veltman die Geschichte von einem "ganz dünnen Süppchen" und das eine bestimmte Person "schon immer mal ein dreckiges Klo putzen wollte" zum besten. "Another man tells a story": Nicole Ferrein erzählte von einem Auftritt, bei dem ihr so schlecht war, dass sie sich hinter der Orgel übergeben musste. Und so hat man dann inmitten der Kunst auch einiges privates noch erfahren. Es war -schlicht und ergreifend- einfach irre. Und: Dieses Stück "Macle" ist bei diesem Konzert wahrscheinlich zum allerersten Mal in Europa aufgeführt worden.
Nach diesem extrovertierten Performancestück, war der Liederzyklus "Apposition, Elegiac Songs and Vocalises" von George Crumb sehr intim. Trotz der 3 Minuten Pause zwischen den beiden Stücken, habe ich eine Weile gebraucht, um mich auf die "normale" Duett-Konstellation von Sopran und Flügel einzustellen. Aber von "normal" war auch Crumbs Werk weit entfernt. Die Sopranstimme von Nicole Ferrein wechselte zwischen Wispern, Flüstern zu größter Lautstärke und exaltierten Ausrufen. Der Pianist benutzte den Flügel sozusagen als ganzes und spielte ihn nicht nur auf den Tasten, sondern klopfte auch gegen das Holz und zupfte die Saiten. Manchmal auch alles irgendwie gleichzeitig, was von Michael Veltman teilweise abenteuerliche Bewegungen abverlangte.
Den Abschluss bildete "Prelude to the Holy Presence of Joan d'Arc", wo sich die Rollen dann vertauschten: Michael Veltman hatte jetzt den Gesangspart inne. Er mimte sozusagen den Rufer und verkündete: "Saint Michael said! He said!", während Nicole Ferrein im Hintergrund einen französischen Text flüsterte.
Recherche, Verhandlungen, Gespräche - alles für die Ehre
Das besondere an der Aufführung war, dass die Werke von Julius Eastman gar nicht so leicht zu bekommen sind. Viele von Eastmans Kompositionen sind, als dessen Wohnung geräumt wurde, von der Polizei beschlagnahmt worden und dabei wahrscheinlich auch verloren gegangen (s. meinen Post "Neues von der neuen Musik"). Inzwischen sind die meisten der erhaltenen Werke wohl im Besitz der Universität in Buffalo. Diese dann für eine Aufführung zur Verfügung gestellt zu bekommen, erfordert einiges an Verhandlungsgeschick. Um die Stücke dann wirklich aufführen zu dürfen, musste Nicole Ferrein zusätzlich das "okay" von Julius Eastmans Bruder einholen. Wie gesagt, "Macle", das erste Stück des Abends, ist wahrscheinlich durch Ferrein und Veltman das erste Mal in Europa aufgeführt worden.
Außerdem sind einige Kompositionen von Eastman nur noch als Tonaufnahme existent. Das "Prelude to the Holy Presence of Joan d'Arc" beispielsweise musste von Michael Veltman und Nicole Ferrein anhand der Aufnahme transkribiert werden. Für diesen Abend haben die beiden also nicht nur Arbeit in die Proben gesteckt, sondern schon im Vorfeld viel in Gespräche, Recherche und Vorbereitung investiert.
Das alles übrigens nur für die Ehre. Denn so bitter es ist: Dieser Abend war sozusagen unfinanziert. Es gab keine öffentlichen Gelder und da die Neue Musik keine Scharen an Zuhörern anlockt fallen die Eintrittsgelder auch nicht weiter ins Gewicht.
Umso größer meine Hochachtung vor den beiden Akteuren, die sich mit Leib und Seele diesem besonderen Abend verschrieben haben. Ich hoffe, dass sie dieses Programm noch einmal aufführen werden - vor einem ganz großen Publikum. Verdient hätten sie es: die Musiker und auch die Komponisten, deren Werke wir dort hören konnten!
Das besondere an der Aufführung war, dass die Werke von Julius Eastman gar nicht so leicht zu bekommen sind. Viele von Eastmans Kompositionen sind, als dessen Wohnung geräumt wurde, von der Polizei beschlagnahmt worden und dabei wahrscheinlich auch verloren gegangen (s. meinen Post "Neues von der neuen Musik"). Inzwischen sind die meisten der erhaltenen Werke wohl im Besitz der Universität in Buffalo. Diese dann für eine Aufführung zur Verfügung gestellt zu bekommen, erfordert einiges an Verhandlungsgeschick. Um die Stücke dann wirklich aufführen zu dürfen, musste Nicole Ferrein zusätzlich das "okay" von Julius Eastmans Bruder einholen. Wie gesagt, "Macle", das erste Stück des Abends, ist wahrscheinlich durch Ferrein und Veltman das erste Mal in Europa aufgeführt worden.
Außerdem sind einige Kompositionen von Eastman nur noch als Tonaufnahme existent. Das "Prelude to the Holy Presence of Joan d'Arc" beispielsweise musste von Michael Veltman und Nicole Ferrein anhand der Aufnahme transkribiert werden. Für diesen Abend haben die beiden also nicht nur Arbeit in die Proben gesteckt, sondern schon im Vorfeld viel in Gespräche, Recherche und Vorbereitung investiert.
Das alles übrigens nur für die Ehre. Denn so bitter es ist: Dieser Abend war sozusagen unfinanziert. Es gab keine öffentlichen Gelder und da die Neue Musik keine Scharen an Zuhörern anlockt fallen die Eintrittsgelder auch nicht weiter ins Gewicht.
Umso größer meine Hochachtung vor den beiden Akteuren, die sich mit Leib und Seele diesem besonderen Abend verschrieben haben. Ich hoffe, dass sie dieses Programm noch einmal aufführen werden - vor einem ganz großen Publikum. Verdient hätten sie es: die Musiker und auch die Komponisten, deren Werke wir dort hören konnten!