
Manchmal ist man ja in Bezug auf seine Verwandten etwas ignorant. Man kennt sich zwar irgendwie und sieht sich bei Familientreffen, plaudert aber dann doch meistens über dieselben Dinge, wie z. B. lange zurückliegenden Familienereignisse und Kindheitserinnerungen. Aber was machen die lieben Cousins und Cousinen eigentlich so in ihrem "aktuellen" Leben? Wie gut, dass ich beim letzten Treffen mal auf den neuesten Stand gebracht wurde: Sonst hätte ich nie erfahren, dass meine angeheiratete Cousine und ihre Tochter im Händel-Chor in Luzern mitsingen.
Der Chor ist in der Schweiz wohl ziemlich bekannt. Unter anderem deswegen, weil er sich auch auf neue musikalische Wege einlässt. So erzählte mir meine Cousine, dass der Chor 2013 zusammen mit dem Schweizer Rapper GREIS das Werk "The Power of Musick" (Komponist: Stephan Hodel) uraufgeführt hat. Was sie mir da schilderte klang total spannend und als sie dann sagte, dass sie am 16. Januar 2016 erneut mit dem Rapper auftreten und ein weiteres Werk uraufführen, habe ich beschlossen: "Das höre ich mir an." Also, auf nach Luzern zum Konzert und - wenn ich schon mal in der Schweiz bin - ein paar Tage Urlaub machen.
"The Power of Musick - Baroque meets Rap"
Ich bin mit wenig Vorabinformationen in die Veranstaltung im KKL Luzern hineingegangen und hatte so die Gelegenheit, mir das Konzert nach und nach selbst zu erschließen. Die beiden Chöre (der Händel-Chor zusammen mit dem Chor Pro Musica Vocale) machten den Einstieg mit Händels "Utrecht Te Deum". Das war ein toller Auftakt, bei dem die Sänger zeigen konnten, was sie alles so drauf haben. Der Chorklang war frisch, man hörte den Stimmen ihre Freude an der Musik und an diesem besonderen Konzert an. Das ist eben das bewundernswerte an Laienchören: Sie bereiten sich mit viel persönlichem Engagement auf ihre Konzerte vor (die ja oft für Nicht-Profi-Chöre mit großem organisatorischen Aufwand und vor allem finanziellen Risiko verbunden sind), freuen sich, wenn sie an einem so renommierten Ort auftreten dürfen und wollen dann einfach, dass es gut wird. Das merkt man den Sängern an. Und diese positive Ausstrahlung springt auch aufs Publikum über, so dass etwaige sängerische Unsauberkeiten nicht weiter ins Gewicht fallen.
Das zweite Werk war "No Pasarán!", das an dem Abend uraufgeführt wurde. Getextet und komponiert wurde es in Zusammenarbeit des Schweizer Rappers GREIS und dem Komponisten Stephan Hodel. GREIS erzählt die Geschichte von Ferdinand, einem Schweizer Bauernjungen, der 1937 nach Spanien in den Krieg zieht, für die Internationalen Brigaden kämpft und später als Landesverräter in die Schweiz zurückkehrt. Mit großer Orchestrierung und den Schlachtrufen der beiden Chöre wurden alle Facetten eines Krieges zu Gehör gebracht.
Sehr gut gefallen hat mir, dass GREIS in unterschiedlichen Sprachen, auf Französisch, Englisch und natürlich Schwyzerdütsch, gerapt hat. Ich persönlich höre Schwyzerdütsch total gern. Leider verstehe ich nur einen Bruchteil davon, vor allem wenn es schnell gesprochen wird. Ich war also froh, dass ich ein Programmheft hatte :-) Trotzdem habe ich mich so sehr bemüht, den Text zu verstehen, dass ich - ich gestehe es ungern - nicht mehr wirklich auf die Musik geachtet habe und daher auch nicht mehr dazu schreiben kann.
Ein Konzert für den Frieden bringt Standing Ovations
Nach der Pause gab's dann das titelgebende Stück: "The Power of Musick". Hier ging es nicht um eine konkrete Geschichte, die erzählt wurde, sondern eher um den Lobgesang auf die Kraft und Schönheit von Musik. Da konnte ich mich dann wieder voll und ganz auf die Musik einlassen - und war begeistert. Dieses Stück strahlte Erhabenheit und Kraft aus. Das war wirklich "Power of Musick". Während dieses Stücks ging mir dann auch auf, dass es eigentlich ein Konzert für den Frieden war, dem ich da zuhörte.
Was kann es in dieser Zeit passenderes geben? Alte und neue Musik kamen zusammen, verschiedene Stilrichtungen verschmolzen, unterschiedliche Nationen musizierten miteinander (wie ja eigentlich immer, wenn sich Musiker treffen). Grenzen verschwinden, Verbindung entsteht. Für mich war es einfach der perfekte Abschluss einer sehr schönen Woche in Luzern. Und ein grandioser Abschluss für dieses komplexe und facettenreiche Konzert. Die Zuschauer waren begeistert und gaben den Künstlern lang andauernden Beifall und Standing Ovations.
Eine Bemerkung zu der Sopranistin Amelia Scicolone: Sie war für mich ganz persönlich eine große Entdeckung. So ein klarer, schlanker Sopran ohne jegliche Schwere oder gewollte Opernhaftigkeit. Das finde ich einfach wunderschön anzuhören.
Mein persönliches Fazit? Lernt Eure Verwandten kennen, es lohnt sich!
Die Tage in Luzern waren für mich persönlich sehr wertvoll. Neben dem außergewöhnlichen Konzert, das ich erlebt habe, habe ich meine Verwandten ganz neu kennenlernen dürfen. Sie öffneten mir so herzlich ihre Türen - und ließen mich einen Blick auf ihr Leben werfen und erfahren, welche Themen sie beschäftigen und bewegen. Wir haben sehr intensive Gespräche geführt und haben ehrlich geantwortet, wenn der andere fragte: "Wie ist es Dir die letzten Jahre ergangen?" Ich hoffe sehr, dass wir die Chance nutzen können, diese neu entstandene Beziehung zueinander zu pflegen und aufrechtzuerhalten.
Wer neugierig auf den Händel-Chor geworden ist: Am 26. und 27. November 2016 gibt der Chor das Konzert "Holalodi" - Musik aus der Schweiz - stimmig, witzig, schräg.
Ich finde, das hört sich nach viel Spaß und einem weiteren besonderen Konzert an!
In diesem Sinne: Merci vielmal und Uf Wiederluege!
Zu den Bildern: Leider sind die Fotos, die ich vor Konzertbeginn im KKL gemacht habe, nicht gut, da die Linse beschlagen war. Ich habe das zu spät bemerkt. Als Entschädigung gibt's ein paar Uslaubspanorama-Fotos von Luzern.
"The Power of Musick - Baroque meets Rap"
Ich bin mit wenig Vorabinformationen in die Veranstaltung im KKL Luzern hineingegangen und hatte so die Gelegenheit, mir das Konzert nach und nach selbst zu erschließen. Die beiden Chöre (der Händel-Chor zusammen mit dem Chor Pro Musica Vocale) machten den Einstieg mit Händels "Utrecht Te Deum". Das war ein toller Auftakt, bei dem die Sänger zeigen konnten, was sie alles so drauf haben. Der Chorklang war frisch, man hörte den Stimmen ihre Freude an der Musik und an diesem besonderen Konzert an. Das ist eben das bewundernswerte an Laienchören: Sie bereiten sich mit viel persönlichem Engagement auf ihre Konzerte vor (die ja oft für Nicht-Profi-Chöre mit großem organisatorischen Aufwand und vor allem finanziellen Risiko verbunden sind), freuen sich, wenn sie an einem so renommierten Ort auftreten dürfen und wollen dann einfach, dass es gut wird. Das merkt man den Sängern an. Und diese positive Ausstrahlung springt auch aufs Publikum über, so dass etwaige sängerische Unsauberkeiten nicht weiter ins Gewicht fallen.
Das zweite Werk war "No Pasarán!", das an dem Abend uraufgeführt wurde. Getextet und komponiert wurde es in Zusammenarbeit des Schweizer Rappers GREIS und dem Komponisten Stephan Hodel. GREIS erzählt die Geschichte von Ferdinand, einem Schweizer Bauernjungen, der 1937 nach Spanien in den Krieg zieht, für die Internationalen Brigaden kämpft und später als Landesverräter in die Schweiz zurückkehrt. Mit großer Orchestrierung und den Schlachtrufen der beiden Chöre wurden alle Facetten eines Krieges zu Gehör gebracht.
Sehr gut gefallen hat mir, dass GREIS in unterschiedlichen Sprachen, auf Französisch, Englisch und natürlich Schwyzerdütsch, gerapt hat. Ich persönlich höre Schwyzerdütsch total gern. Leider verstehe ich nur einen Bruchteil davon, vor allem wenn es schnell gesprochen wird. Ich war also froh, dass ich ein Programmheft hatte :-) Trotzdem habe ich mich so sehr bemüht, den Text zu verstehen, dass ich - ich gestehe es ungern - nicht mehr wirklich auf die Musik geachtet habe und daher auch nicht mehr dazu schreiben kann.
Ein Konzert für den Frieden bringt Standing Ovations
Nach der Pause gab's dann das titelgebende Stück: "The Power of Musick". Hier ging es nicht um eine konkrete Geschichte, die erzählt wurde, sondern eher um den Lobgesang auf die Kraft und Schönheit von Musik. Da konnte ich mich dann wieder voll und ganz auf die Musik einlassen - und war begeistert. Dieses Stück strahlte Erhabenheit und Kraft aus. Das war wirklich "Power of Musick". Während dieses Stücks ging mir dann auch auf, dass es eigentlich ein Konzert für den Frieden war, dem ich da zuhörte.
Was kann es in dieser Zeit passenderes geben? Alte und neue Musik kamen zusammen, verschiedene Stilrichtungen verschmolzen, unterschiedliche Nationen musizierten miteinander (wie ja eigentlich immer, wenn sich Musiker treffen). Grenzen verschwinden, Verbindung entsteht. Für mich war es einfach der perfekte Abschluss einer sehr schönen Woche in Luzern. Und ein grandioser Abschluss für dieses komplexe und facettenreiche Konzert. Die Zuschauer waren begeistert und gaben den Künstlern lang andauernden Beifall und Standing Ovations.
Eine Bemerkung zu der Sopranistin Amelia Scicolone: Sie war für mich ganz persönlich eine große Entdeckung. So ein klarer, schlanker Sopran ohne jegliche Schwere oder gewollte Opernhaftigkeit. Das finde ich einfach wunderschön anzuhören.
Mein persönliches Fazit? Lernt Eure Verwandten kennen, es lohnt sich!
Die Tage in Luzern waren für mich persönlich sehr wertvoll. Neben dem außergewöhnlichen Konzert, das ich erlebt habe, habe ich meine Verwandten ganz neu kennenlernen dürfen. Sie öffneten mir so herzlich ihre Türen - und ließen mich einen Blick auf ihr Leben werfen und erfahren, welche Themen sie beschäftigen und bewegen. Wir haben sehr intensive Gespräche geführt und haben ehrlich geantwortet, wenn der andere fragte: "Wie ist es Dir die letzten Jahre ergangen?" Ich hoffe sehr, dass wir die Chance nutzen können, diese neu entstandene Beziehung zueinander zu pflegen und aufrechtzuerhalten.
Wer neugierig auf den Händel-Chor geworden ist: Am 26. und 27. November 2016 gibt der Chor das Konzert "Holalodi" - Musik aus der Schweiz - stimmig, witzig, schräg.
Ich finde, das hört sich nach viel Spaß und einem weiteren besonderen Konzert an!
In diesem Sinne: Merci vielmal und Uf Wiederluege!
Zu den Bildern: Leider sind die Fotos, die ich vor Konzertbeginn im KKL gemacht habe, nicht gut, da die Linse beschlagen war. Ich habe das zu spät bemerkt. Als Entschädigung gibt's ein paar Uslaubspanorama-Fotos von Luzern.